AKBAR AKBARPOUR

Bildender Künstler

TEXTE

 

Prof. Ulrich Ganzert, Akademie der Bildenden Künste Wien
Barbara Leicht M.A. Kunstmuseum Erlangen
Georg Graf von Matuschka, Kulturmanager, Europäische Metropolregion Nürnberg
Christian Fritsche, Galerie in der Promenade Fürth und Metz/ Frankreich

 

 Text

Zur Malerei von Akbar Akbarpour
Prof.Ulrich Ganzert (Akademie der Bildenden Künste Wien)
 

In dichten Flecken, Schlieren und Strudeln zieht sich das pastose Farbmaterial auf den Bildern von Akbar Akbarpour über die Oberflächen und leuchtet in dunklen oder farbig strahlenden Kontrasten, formt eigentümliche Köpfe und Gestalten und die Schwere und Dichte des Materials steht in  Spannung zu den aus den Formulierungen erwachsenden Visionen.  Manche  Bilder sind durch große Farbblöcke gegliedert, woanders bildet eine dichte Fügung kleiner Flecken eine vibrierende Oberfläche. Das Material der Farben bildet oft ein haptisch spürbares Relief und gewinnt in seiner Pastosität, manchmal wie sich zähflüssig bewegende Lava, eine fesselnde optische Präsenz. Farben von größter Leuchtkraft sind dämmrigen Halbtönen oder tiefschwarzen Zonen gegenübergestellt.  Der zugleich handwerklich-körperliche und ebenso einer immateriellen, zunächst nur im Geist vorhandenen Bildvorstellung nachgehende Akt des Malens in seinen Setzungen und Entschlüssen wird in unverhüllter Deutlichkeit sichtbar. Die Faszination und zugleich Abstoßung des Menschen durch Schleim und Schlamm, explizit bei kleinen Kindern, die Anziehungskraft von zu schmierendem oder zu knetendem Material, die lustvolle Bewegung der Finger oder Zehen darin, wird als verstecktes Gefühl vor diesen Bildern lebendig. So wie gewisse Französische Philosophen die Erstarrung der Welt der Begriffe durch ein delirierendes Denken zu überwinden suchten (so Georges Bataille oder Michel Foucault), um einen neuen Raum für Offenheit und Kreativität zu finden, so arbeitet hier die Kunst an der Eröffnung neuer Möglichkeit.

Dafür benutzt der Maler nicht die heute so beliebte Acrylfarbe, die den Bildoberflächen einen flachen eindimensionalen Ausdruck gibt. Er malt mit der klassischen Ölfarbe. Die Mischung aus Öl und Pigment war das Material der europäischen Malerei und diese cremige Substanz, so körpernah und menschlich, ist in der Arbeit von Akbar Akbarpour zu stärkster Präsenz gebracht. Öl und Farbpigment, Materialen von einer scheinbaren Allverfügbarkeit und doch verbunden mit einer geheimen Aura, die Farbpigmente waren ja ursprünglich und sind vielfach auch heute farbige Erden, werden hier zur Erfindung einer künstlerischen Vision verwandelt. Die Ahnung jener Vorstellungen wird spürbar, in denen Erde und Öl neben dem Salz und dem Brot und der Milch und dem Honig einst als heilig angesehen wurden. 

Die elementare Spannung von Gewicht, Schwere und Widerstandskraft von Material und Körpern  zur Bewegung, zur Intentionalität der malenden Hand und der angestrebten Bildvision generiert die innere Unruhe und die den Betrachter berührende Präsenz dieser Bilder. Exemplarisch belegt das eine Bildserie zu dem Thema Balance, wo die Spannung zwischen der Macht des Gewichts, den die Existenz des Menschen bestimmenden hinunterziehenden physikalischen Kräften und den sich ihnen entgegenstellenden und sich damit notwendig auseinandersetzenden vitalen und spirituellen Antrieben des Menschen direkt thematisiert wird. Eine anonyme Gestalt wie ein mit der Schwerkraft kämpfender grüner Block scheint unmittelbar in diesem Prozess zu stehen, wobei das Stehen hier buchstäblich zum Problem geworden ist. In anderer Weise wird dieser Konflikt in Bildern zum Thema „Tanz“ bearbeitet.

Evident ist diese instinktsichere Auseinandersetzung des Malers besonders auch in den Bildern von Gesichtern, wo der Prozess des Malens, die Bewegung des farbigen Materials mit seiner unterschiedlichen Ausdruckskraft, Viskosität und Zähigkeit in der Spannung zur Intentionalität der malerischen Zielvorstellung Eindrücke von menschlichen Köpfen hervorbringt, in denen Individualität, Problematik und auch Vergeblichkeit menschlicher Bestrebungen sichtbar ist. Das Gesicht des Menschen ist ja der zuerst sichtbare Ausdruck seines Charakters und seiner Identität und damit die primäre Ebene der menschlichen Kommunikation. In manchen dieser Portraits bilden die pastosen Pinselzüge farbige Bahnen, Schlieren und Wülste, sodass Gesichter jenseits aller Konventionalität, wie von unsteten, wüsten und unabsehbaren Impulsen gezeichnet, sichtbar werden.

In einer Reihe von Bildern sind Menschen in großer Zahl das Thema, inspiriert vom Anblick der Menschenmassen der Großstädte heute, dicht gedrängt und in vielfältigen Bewegungen, wie von unnachvollziehbaren Bestrebungen bestimmt, bewegen sich zahlreiche Gestalten in Strömen oder Wirbeln durch den Bildraum. Es ist ein enges Nebeneinander vieler Menschen auf Straßen oder Märkten, und die Sonnendächer der Verkaufsstände bilden starke Akzente. Bei aller Dichte und Nähe entstehen doch eigentlich keine Beziehungen, sondern aus der expressiv gesetzten malerischen Textur wird das Bild der Vereinzelung und Isolation der Menschen sichtbar und die Ahnung der urwüchsigen und gefährlichen Tatsächlichkeit der menschlichen Existenz ist spürbar. In einem dieser Bilder sind  inmitten des Gewimmels der Gestalten zwei zentrale rote Felder zu sehen, das Bild trägt den Titel „Liberte“.

Diese Realität des menschlichen Seins prägt auch die Landschaftsbildern, die Gewalt einer Brandungswelle des Meeres, wie sie auch von Courbet gemalt worden war, oder die elementare Einfachheit von Feldern, Erde und Himmel wird zum unmissverständlichen Paradigma und aus der Spannung von Komplexität und dieser Einfachheit kann auch jenes Phänomen erwachsen, das die Menschen vielleicht als Schönheit erleben, so zum Beispiel das matte Leuchten der Farben der Seerosenblüten.

Das für die Entwicklung der Malerei hin zur Moderne charakteristische Auseinandertreten von faktisch-realem Material der Malerei, dem Bildträger, der ebenen Fläche aus Holz oder Gewebe mit den darauf aufgebrachten Farben, der realen optischen Wirkung und der vom Betrachter daraus synthetisierten Bildvision ist in der Arbeit von Akbar Akbarpour beispielhaft präsent. Diese belebende,  innere Spannungen erzeugende und den Betrachter zur kreativen Rezeption provozierende Methodik beginnt in der Malerei der italienischen Renaissance mit der Erfindung des offen sichtbaren Pinselstrichs zum Beispiel bei Tizian, prägt die Malerei des Impressionismus und bestimmt dann im Besonderen die Malerei der Moderne und der New York School oder bei Sol le Witt oder Frank Stella. Die Malerei Akbar Akbarpour wird speziell geprägt von diesem Antagonismus zwischen dem Material der Farbe und einer überraschenden schwebend leichten Visualität der optischen Erscheinung. Das für viele Arbeiten der Moderne typische Auseinandertreten von Materialität und optischer Ebene der Bilder, die gezielte Herstellung der Vision im Bewusstsein des Betrachters ist hier besonders deutlich expliziert. Dieser Gegensatz zwischen Materialität und Erscheinung ist immer der innerste Wirkungsmotor der modernen Malerei. Schienen diese beiden dialektischen Komponenten früher in eins zu fallen, so wird mit dem Beginn der Moderne die Spannung zwischen der Oberfläche, dem Material der Leinwand mit der darauf befindlichen farbigen Schicht und dem sich daraus entwickelnden Bild immer größer. Bei Akbar Akbarpour ist es das bewegte Material einer pastosen Ölfarbe, welches oft centimeterdick die Bildwirkung generiert. Die Materialität und die in ihr ablesbaren Spuren des Malprozesses geben deshalb besonders manchen kleinen Formaten den Charakter von Bildern und Objekten zugleich.

Für die Konzeption dieser Malerei hat sich Akbar Akbarpour intensiv auch mit darstellerischen und handwerklichen Grundlagen auseinandergesetzt und lange Zeit auch vollkommen realistische Figuren gemalt. In zahlreichen großformatigen Aktzeichnungen studierte er die formalen Spannungen und Formverläufe der Natur in der menschlichen Gestalt. Doch ausgehend von dieser Figuralität und der Erfindung seiner eigenen Ausdrucksmittel entwickelte er mit großer persönlicher Energie und einem Sinn für das Eigentliche eines Erlebnisses, einer Begegnung, eines Empfinden für das Betreffende, eine Bildsprache, die sich energisch vom heutigen Mainstream in der Bildenden Kunst abhebt und dem Betrachter ein unverwechselbares Erlebnis künstlerischer Originalität und eine authentische individuelle Darstellung der Konditionen der menschlichen Existenz zeigt.
Prof.Ulrich Ganzert (Akademie der Bildenden Künste Wien)

 

 

Barbara Leicht M.A. Kunstmuseum Erlangen

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